Zuerst ist die Idee, dann mache ich eine Bleistiftskizze,  anschließend überlege ich, wie sich dieser Entwurf umsetzen lässt.
            Bei meinen Farbradierungen/Aquatintas geht es mir vor allem  um die Ausgewogenheit der Form, um die Gliederung der Bildfläche und die  Einteilung der Farbplatten. Die Aquatinta ist eine Ätzradierung. Es handelt  sich dabei um eine alte Tiefdrucktechnik, die heute nur noch selten verwendet  wird, da sie sehr material- und zeitaufwendig ist, vor allem, wenn man -  so wie ich - mit Farbe arbeitet. Meistens verwende ich pro Ätzradierung zwei  bis drei, manchmal auch bis zu fünf Zinkplatten. 
            Für jede Farbe, die auf einer Radierung aufscheint, bedarf  es einer eigenen Zinkplatte. Die einzelnen Platten müssen nicht die gleiche Größe  haben. Im Gegenteil. Eine meiner Spezialitäten ist die Arbeit mit Platten  unterschiedlicher Größe und unterschiedlichen Formates. Früher habe ich kleine  und kleinste Platten auch aus Gründen der Sparsamkeit verwendet, heute verwende  ich sie bewusst aus Gründen der Bildkomposition. Manchmal setze ich diese wie  ein Puzzle zusammen, manchmal platziere ich eine Farbe bzw. Platte gezielt an  einer bestimmten Stelle des Bildes. 
            Zur Technik: Zuerst müssen die Zinkplatten - sie haben eine  Stärke von 0,5 bis 0,8 mm und sind daher nur einmal verwendbar - poliert und  entfettet werden. Dann beginnt die erste Phase der Zeichnung auf der Platte.  Insgesamt bedarf es pro Platte mindestens zwei oder drei Phasen der Zeichnung  und ebenso vieler Ätzvorgänge. Die erste Phase der Zeichnung entspricht immer  dem hellsten Ton der jeweiligen Farbe. Ich zeichne mit Pinsel und Zuckerwasser  und decke dann die gesamte Platte mit Asphaltlack ab. Nachdem der Lack  getrocknet ist, bürste ich die Platte in einer Wanne mit warmem Wasser ab. Wo  sich unter dem Asphaltlack die Zuckerwasserzeichnung befindet, springt der Lack  ab. Alle Stellen, an denen der Asphaltlack haften bleibt, sind später vor der  Säure geschützt.
            Nun beginne ich mit der Vorbereitung für das Ätzen. Ich  trage auf die Platte Kolophoniumstaub auf. Das Kolophonium wird in einem  eigenen Staubkasten geschüttelt und als feiner Staub auf die ganze Platte  verteilt. Seine Wirkung kann es nur dort entfalten, wo die Zinkplatte unbedeckt  von Asphaltlack ist. Will ich beim Druck ein gröberes Korn erzielen, stäube ich  das Kolophonium händisch mit einem Wattebausch. Da die Staubkörner in diesem  Fall nicht ganz so fein verteilt werden, sind die Punkte, die beim Druck keine  Farbe annehmen, größer.
            Dieser Kolophoniumstaub wird in die Platte eingebrannt: Ich  halte die Zinkplatte über eine heiße Kochplatte, wodurch die Staubkörnchen  schmelzen und eine Verbindung mit der Oberfläche eingehen. Nun vermische ich in  einer Wanne Salpetersäure mit Wasser und schwenke die Platte in dieser Ätze hin  und her. Will ich einen hellen Farbton erreichen, darf ich nur kurz ätzen, soll  der Farbton dunkler sein, muss ich länger, das heißt tiefer ätzen.
            Ist der Ätzvorgang beendet, wasche ich die Platte zuerst mit  Wasser und danach mit Nitroverdünnung ab. Das löst nicht nur den Asphaltlack,  sondern auch das eingebrannte Korn. Dort, wo die Ätze in die Metallplatte  eingedrungen ist, ist die Oberfläche aufgerauht.
            Das ist die Prozedur für den ersten, hellsten Ton einer  Farbe; für jede weitere Nuance dieser Farbe muss ich den geschilderten Vorgang  auf derselben Platte wiederholen. Das gleiche gilt für jede weitere Farbe bzw.  Platte.
            Zum Schluß werden die Ränder der Platten mit einer  Metallfeile abgeschliffen, um zu verhindern, dass das scharfe Metall beim  Drucken das Papier zerschneidet. Meine Aquatintas drucke ich auf  Kupferdruckkarton. Dieser wird ein bis zwei Tage zwischen Lagen von feuchtem Rotationspapier  gelagert und beschwert. Qualitativ hochwertige Abzüge sind nur gewährleistet,  wenn der Karton entsprechend feucht und weich ist. Die Kupferdruckfarbe trage  ich mit einem festen Stofftampon auf die Zinkplatte auf. Ich mache dies über  einer Wärmeplatte, denn sowohl Platte als auch Farbe müssen warm sein, damit  die Farbe in jede Vertiefung dringt.
            In abgekühltem Zustand wird die überschüssige Farbe mit  einem Lappen abgewischt, bis sie nur noch dort haftet, wo sie sein soll,  nämlich in den geätzten Vertiefungen.
            Danach beginne ich auf meiner Handpresse mit dem Drucken.  Ich lege die Platte mit der Bildseite nach oben auf den Drucktisch, darauf  kommt feuchter Kupferdruckkarton und darüber ein oder zwei Filzauflagen. Mit  der Handkurbel setze ich das Ganze zwischen den beiden schweren Metallwalzen in  Bewegung. Durch den starken Druck auf den nachgiebigen Filz wird die in den  Vertiefungen der Platte befindliche Farbe auf den Karton gepreßt.
            Die zweite - und jede weitere - Farbplatte wird für den  Druckvorgang genau auf den - schon mit einer Farbe bedruckten - Karton gelegt.  Das ist eine Millimeterarbeit, die höchste Präzision erfordert.
            Sind die Druckvorgänge abgeschlossen, werden die einzelnen  Drucke zwischen Kartons gelegt, gepresst und getrocknet.
            Von jeder meiner Farbradierungen/Aquatintas stelle ich nur  sehr wenige, maximal drei bis acht Abzüge her. Noch kleinere Auflagen würden  den Arbeitsaufwand nicht rechtfertigen.