Zu meiner Arbeit

Portrait
Foto: Inez Ardelt

Zuerst ist die Idee, dann mache ich eine Bleistiftskizze, anschließend überlege ich, wie sich dieser Entwurf umsetzen lässt.
Bei meinen Farbradierungen/Aquatintas geht es mir vor allem um die Ausgewogenheit der Form, um die Gliederung der Bildfläche und die Einteilung der Farbplatten. Die Aquatinta ist eine Ätzradierung. Es handelt sich dabei um eine alte Tiefdrucktechnik, die heute nur noch selten verwendet wird, da sie sehr material- und zeitaufwendig ist, vor allem, wenn man - so wie ich - mit Farbe arbeitet. Meistens verwende ich pro Ätzradierung zwei bis drei, manchmal auch bis zu fünf Zinkplatten.
Für jede Farbe, die auf einer Radierung aufscheint, bedarf es einer eigenen Zinkplatte. Die einzelnen Platten müssen nicht die gleiche Größe haben. Im Gegenteil. Eine meiner Spezialitäten ist die Arbeit mit Platten unterschiedlicher Größe und unterschiedlichen Formates. Früher habe ich kleine und kleinste Platten auch aus Gründen der Sparsamkeit verwendet, heute verwende ich sie bewusst aus Gründen der Bildkomposition. Manchmal setze ich diese wie ein Puzzle zusammen, manchmal platziere ich eine Farbe bzw. Platte gezielt an einer bestimmten Stelle des Bildes.
Zur Technik: Zuerst müssen die Zinkplatten - sie haben eine Stärke von 0,5 bis 0,8 mm und sind daher nur einmal verwendbar - poliert und entfettet werden. Dann beginnt die erste Phase der Zeichnung auf der Platte. Insgesamt bedarf es pro Platte mindestens zwei oder drei Phasen der Zeichnung und ebenso vieler Ätzvorgänge. Die erste Phase der Zeichnung entspricht immer dem hellsten Ton der jeweiligen Farbe. Ich zeichne mit Pinsel und Zuckerwasser und decke dann die gesamte Platte mit Asphaltlack ab. Nachdem der Lack getrocknet ist, bürste ich die Platte in einer Wanne mit warmem Wasser ab. Wo sich unter dem Asphaltlack die Zuckerwasserzeichnung befindet, springt der Lack ab. Alle Stellen, an denen der Asphaltlack haften bleibt, sind später vor der Säure geschützt.
Nun beginne ich mit der Vorbereitung für das Ätzen. Ich trage auf die Platte Kolophoniumstaub auf. Das Kolophonium wird in einem eigenen Staubkasten geschüttelt und als feiner Staub auf die ganze Platte verteilt. Seine Wirkung kann es nur dort entfalten, wo die Zinkplatte unbedeckt von Asphaltlack ist. Will ich beim Druck ein gröberes Korn erzielen, stäube ich das Kolophonium händisch mit einem Wattebausch. Da die Staubkörner in diesem Fall nicht ganz so fein verteilt werden, sind die Punkte, die beim Druck keine Farbe annehmen, größer.
Dieser Kolophoniumstaub wird in die Platte eingebrannt: Ich halte die Zinkplatte über eine heiße Kochplatte, wodurch die Staubkörnchen schmelzen und eine Verbindung mit der Oberfläche eingehen. Nun vermische ich in einer Wanne Salpetersäure mit Wasser und schwenke die Platte in dieser Ätze hin und her. Will ich einen hellen Farbton erreichen, darf ich nur kurz ätzen, soll der Farbton dunkler sein, muss ich länger, das heißt tiefer ätzen.
Ist der Ätzvorgang beendet, wasche ich die Platte zuerst mit Wasser und danach mit Nitroverdünnung ab. Das löst nicht nur den Asphaltlack, sondern auch das eingebrannte Korn. Dort, wo die Ätze in die Metallplatte eingedrungen ist, ist die Oberfläche aufgerauht.
Das ist die Prozedur für den ersten, hellsten Ton einer Farbe; für jede weitere Nuance dieser Farbe muss ich den geschilderten Vorgang auf derselben Platte wiederholen. Das gleiche gilt für jede weitere Farbe bzw. Platte.
Zum Schluß werden die Ränder der Platten mit einer Metallfeile abgeschliffen, um zu verhindern, dass das scharfe Metall beim Drucken das Papier zerschneidet. Meine Aquatintas drucke ich auf Kupferdruckkarton. Dieser wird ein bis zwei Tage zwischen Lagen von feuchtem Rotationspapier gelagert und beschwert. Qualitativ hochwertige Abzüge sind nur gewährleistet, wenn der Karton entsprechend feucht und weich ist. Die Kupferdruckfarbe trage ich mit einem festen Stofftampon auf die Zinkplatte auf. Ich mache dies über einer Wärmeplatte, denn sowohl Platte als auch Farbe müssen warm sein, damit die Farbe in jede Vertiefung dringt.
In abgekühltem Zustand wird die überschüssige Farbe mit einem Lappen abgewischt, bis sie nur noch dort haftet, wo sie sein soll, nämlich in den geätzten Vertiefungen.
Danach beginne ich auf meiner Handpresse mit dem Drucken. Ich lege die Platte mit der Bildseite nach oben auf den Drucktisch, darauf kommt feuchter Kupferdruckkarton und darüber ein oder zwei Filzauflagen. Mit der Handkurbel setze ich das Ganze zwischen den beiden schweren Metallwalzen in Bewegung. Durch den starken Druck auf den nachgiebigen Filz wird die in den Vertiefungen der Platte befindliche Farbe auf den Karton gepreßt.
Die zweite - und jede weitere - Farbplatte wird für den Druckvorgang genau auf den - schon mit einer Farbe bedruckten - Karton gelegt. Das ist eine Millimeterarbeit, die höchste Präzision erfordert.
Sind die Druckvorgänge abgeschlossen, werden die einzelnen Drucke zwischen Kartons gelegt, gepresst und getrocknet.
Von jeder meiner Farbradierungen/Aquatintas stelle ich nur sehr wenige, maximal drei bis acht Abzüge her. Noch kleinere Auflagen würden den Arbeitsaufwand nicht rechtfertigen.